In dem richtungsweisenden Buch «Mit Kindern wachsen» und der daraus entstandenen Praxis der Achtsamkeit in der Familie (Mindful Parenting) zeigen Myla und Jon Kabat-Zinn, dass das Leben mit Kindern ein einzigartiger Weg von ungeahnter Tiefe und Erfüllung sein kann.

«Wir können unsere Kinder als uns ständig fordernde ‹Hauslehrer› sehen, die uns von ihrer Geburt bis weit in ihr Erwachsenenleben hinein begleiten und schulen. Sie geben uns zahllose Gelegenheiten, mehr darüber zu erfahren, wer wir sind und wer sie sind.» Myla und Jon Kabat-Zinn

Mit Hilfe der Entwicklung einer bestimmten Art von Gewahrsein, die Achtsamkeit (Mindfulness) genannt wird, können wir zu einem tieferen Verständnis für unsere Kinder und uns selbst gelangen. Sie hilft uns klarer zu sehen, wie unsere Kinder wirklich sind und lässt uns mit den wichtigen Dingen im Leben in Kontakt kommen. Zusätzlich ermöglicht sie uns, die Oberflächenerscheinungen zu durchdringen, um unseren Kindern das zu geben, was sie für ihre Entwicklung am dringendsten brauchen. Kinder sollten sich nach ihrem eigenen inneren Bauplan entwickeln und über sich selbst hinauswachsen können. Die wichtigsten Bedingungen dafür sind, sich sicher, angenommen und verstanden zu fühlen. Das bedingt, dass die emotionalen Grundbedürfnisse gesehen werden und auf sie liebevoll eingegangen wird. Dies ist der Grundstein einer bedingungslosen Beziehung und schenkt Vertrauen ins eigene Wesen, lässt aus Erziehung Beziehung erwachsen. Es ist ein unaufhörlicher Fluss von Geben und Nehmen, wo alle Beteiligten einer Familie mit ihren individuellen Bedürfnissen gesehen werden.





Die Aufgabe der Eltern sollte zu einer heiligen Verantwortung werden, denn die Eltern sind für ihre Kinder Beschützer, Vorbilder, Ernährer, Gefährten, Lehrer und Quellen bedingungsloser Liebe. Achtsamkeit im Umgang mit Kindern erfordert, dass wir die Herausforderungen erkennen und diese wahrnehmen. Wenn wir in diesem neuen offenen Gewahrsein leben und aus ihm handeln und uns bemühen, in den Prozess von Augenblick zu Augenblick einzusteigen, besteht die grössere Chance, dass die Entscheidungen, die wir als Eltern treffen, aus dem Gewahrsein dessen erwacht, was dieser Augenblick erfordert und was dieses Kind, in diesem Moment für seine jetzige Lebensphase gerade braucht.


«Wenn wir es uns zur Verantwortung machen, unsere Kinder auch innerlich zu nähren und zu verstehen wer sie sind, dann werden uns unsere ‹Hauslehrer› insbesondere in den ersten zehn bis zwanzig Jahren der ‹Ausbildung› unendlich viele Momente des Staunens und der Glückseligkeit bescheren, sowie zahllose Gelegenheiten, tiefste Gefühle der Verbundenheit und Liebe zu erfahren. Ebenso wahrscheinlich ist, dass sie zielsicher alle unsere wunden Punkte finden, all unsere Unsicherheiten, an allen unseren Grenzen rütteln und all das in uns anrühren, wovor wir Angst haben und worin wir uns unzulänglich fühlen.» Jon und Myla Kabat-Zinn



Elternsein ist deshalb so intensiv und anstrengend, weil unsere Kinder von uns Dinge fordern, die sonst niemand von uns fordert. Sie stehen uns so nahe wie kein anderes Wesen und zwingen uns ständig, in den eigenen Spiegel zu schauen, den sie uns vorhalten. Dadurch erhalten wir immer wieder die Chance, über unser eigenes Verhalten zu reflektieren und gemeinsam mit unseren Kindern zu wachsen.